(c) Anja Hagen
Die Zahl der Privatschulen in Deutschland ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. 3.655 allgemeinbildende und 2.204 berufliche Schulen in privater Trägerschaft gab es 2017 in Deutschland – das sind jeweils gut 7 % mehr als 2010. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass die Gesamtzahl der allgemeinbildenden (öffentlichen und nicht-öffentlichen) Schulen im selben Zeitraum um -5 % gesunken ist.
11 % aller allgemeinbildenden Schulen in Deutschland befinden sich derzeit in privater Trägerschaft. Das ist zwar immer noch wenig im Verhältnis zu manchen EU-Nachbarn (Frankreich verfügt über 20 % Privatschulen, Spanien über 30 % und Belgien und die Niederlande über 50 %), dennoch sind sie eine feste Säule des Schulsystems in Deutschlands. Die meisten Privatschulen sind nach wie vor Gymnasien (35,7 %), was den Ruf der Privatschulen als „Elitekader“ begründet. Doch schaut man auf den Anteil der Schüler/-innen an Schulen in privater Trägerschaft, so wird deutlich, dass Privatschulen dort kompensieren, wo aus Elternsicht bei den staatlichen Schulen eine Versorgungslücke entstanden ist: 22,2 % aller Förderschüler/-innen besuchen eine Privatschule, eine Gegenbewegung zur inklusiven Beschulung von Kinder mit und ohne Förderbedarf in den staatlichen Schulen. Die meisten Neugründungen an privaten Schulen finden in den östlichen Bundesländern statt, dort wo aufgrund des Schülerrückgangs viele staatliche Schulen geschlossen oder zusammengelegt worden sind.
Sind private Schulen besser als staatliche Schulen? Jein. Aufgrund der homogeneren Schülerschaft aus eher bildungsnahen Familien sind die Leistungen von Privatschülerinnen und -schülern tendenziell stärker. Vergleicht man ihre Leistungen mit Schüler/-innen mit dem gleichen sozio-ökonomischen Status an staatlichen Schulen, so zeigen sich keine Unterschiede mehr.
Sind private Schulen digitaler als staatliche Schulen? Genau wie zu den staatlichen Schulen fehlten auch bei den privaten Schulen Zahlen über Ausstattung und Mediennutzung. Auf dem Bundeskongress des Verbands der deutschen Privatschulverbände (VDP), der vom 21.-23. November in Dresden stattfand, wurde deutlich, dass sich Privatschulen mit den gleichen Fragen rumschlagen wie ihre staatlichen Mitbewerber. Wie sieht das Klassenzimmer 4.0 aus? Was ist – zwischen One Class Device (OCD) und Bring your own device (BYOD) – die richtige Strategie für die jeweilige Schule? Wie umgehen mit Digitalisierung und Lehrermangel, zwei Herausforderungen, die theoretisch nichts miteinander zu tun haben, in der Praxis aber sehr wohl miteinander verknüpft sind? Mein Eindruck war, dass es bei den Privatschulen genauso wie bei den staatlichen Schulen Leuchttürme gibt. Was hier das Evangelisch Stiftische Gymnasium ist dort die Villa Wewersbusch. Der Rest der Schulen ist hüben wie drüben auf der Suche.
Klare Antworten auf die oben genannten Fragen gab es in Dresden keine. Was jedoch auffällt – gerade auch im Vergleich z.B. zum Forum Bildung Digitalisierung, das letzte Woche in Berlin stattfand: Die Professionalisierung und der Support für die Geschäftsführer und Schulleitungen von Privatschulen hat eine andere Qualität. In Dresden wurde weniger über punktuelle Projekte und modellhafte Entwicklungen einzelner Schulen gesprochen. Die Anmeldezahlen sind bei den Privatschulen eine objektive Benchmark, das „Abgucken“ beim anderen ist hier weniger relevant. Stattdessen versorgt man sich mit Rückendeckung für den steinigen Weg der Schulentwicklung: Steffen Kirchner, Motivationstrainer für Profisportler, sprach darüber, wie man Menschen für Veränderungen begeistert, und gab Tipps, wie man ein Spiel, wo die Rahmenbedingungen schlecht, die gegnerischen Fans nervtötend und die eigenen Leistungen eher mäßig sind, dennoch gewinnnen kann. Indem man beginnt, sich auf seine eigenen Stärken zu konzentrieren. Und anstatt auf Veränderungen von außen zu warten, damit startet, die Dinge zu drehen, auf die man selbst Einfluss hat.
Ein, wie ich finde, ermutigender Gedanke in Zeiten von Digitalpakt oder Quereinsteigern oder …
Kommentar schreiben